Es ist für euch bestimmt schwierig sich vorzustellen, wie ein Tag an der Uni als Physikstudent ablaufen könnte. Damit ihr einen kleinen Eindruck bekommt, schildere ich euch nun den Mittwoch, 30.04.08 des L. Conti, Physikstudent im 4. Semester und Autor dieses Artikels.
8.20 Uhr: Nach längerer Fahrt mit dem Auto komme ich endlich am Südparkplatz der Morgenstelle an. Wie jeden Tag finden sich mehr als genügend freie Parkplätze, wodurch sich die Parkplatzwahl fast schon wieder als schwierig erweist.
8.25 Uhr: Auf dem Weg zum Hörsaal begegne ich 2 Kommilitonen. Nachdem wir uns einen guten Morgen gewünscht haben, ist vor allem der morgige Abend und das in wenigen Minuten abzugebende Thermodynamikblatt das Gesprächsthema.
8.27 Uhr: Mittlerweile stehe ich im Hörsaal (N3). Dieser (und die meisten) Hörsaal (-sääle) unterscheidet sich von einem Klassenzimmer wie ihr es wahrscheinlich gewohnt seid dadurch, dass er tribünenförmig ist und Platz für über 100 Studenten bietet. An diesem Morgen haben sich sehr grob geschätzt 75 Studenten eingefunden, um die Vorlesung zu verfolgen und ihre Lösungsblätter abzugeben.
À propos Lösungsblätter: Gerade rechtzeitig gebe ich meine Lösungen zum aktuellen Thermo-Blatt ab und suche mir einen Platz. Das fällt nicht sonderlich schwer, da man im Laufe von 4 Semestern viele Leute kennen lernt neben die man sich gerne setzt.
8.30 Uhr: Entsetzt betrachte ich das neue Thermo-Blatt. Verwundert frage ich mich, ob ich so etwas jemals lösen können werde. Dann fällt mir aber ein, dass es mir beim letzten Blatt noch viel schlimmer erging und es wohl doch nur wieder etwas Zeit braucht bis Licht ins Dunkel kommt. Pünktlich um 8.30 Uhr beginnt Prof. Liu die Vorlesung. Die nächsten 90 Minuten sitze ich fasziniert auf meinem Platz und höre dem Professor zu. Das fällt nicht einfach, da der Stoff ziemlich schwierig ist. Um eine Nachbearbeitung der Vorlesung werde ich also nicht herum kommen. Das vorläufige Ziel ist es, zum Beispiel berechnen zu können um wie viel höher die Flüssigkeit am Rand eines Topfes im Vergleich zu seiner Mitte ist, wenn man in ihm mit einem beliebigen Gegenstand kreisförmig rührt.
10.01 Uhr: Professor Liu schließt die Vorlesung. Ich klopfe daraufhin, nicht weniger erschöpft als die anderen Studenten anerkennend auf den Tisch (dies ist die übliche Form von Applaus in der Uni) und verlasse daraufhin den Hörsaal.
Vor dem Hörsaal erwarten mich schon meine besten Unifreunde und fröhlich plaudern wir wieder über alles, was uns gerade in den Sinn kommt. Etwas besorgt erfahre ich, dass P. seine Lösungen daheim vergessen hat. Zum Glück sind die Tutoren (diese leiten so genannte Übungsgruppen, in denen die Lösungen der Aufgaben besprochen werden) alle nett und verständnisvoll. (Ende der Geschichte: P. durfte seine Lösungen dem Tutor einfach per E-Mail schicken)
10.15 Uhr: Mittlerweile sitze ich im Hörsaal N7, dem größten Hörsaal auf der Morgenstelle, in dem hunderte Menschen Platz finden können. In den nächsten 2 Stunden wird Prof. Fortágh die Grundlagen dafür liefern, damit wir uns im Detail erklären können, wieso das Periodensystem der Elemente so aufgebaut ist, wie wir es alle kennen.
12.00 Uhr: So viel Vorlesung hat natürlich Hunger gemacht. Mit ein paar Mitphysikern bzw. Freunden laufe ich zur Mensa.
12.05 Uhr: Mittlerweile bin ich in der Mensa angekommen. Auf einer großen Tafel finden sich die Gerichte, die an diesem Tag angeboten werden. In den meisten Fällen findet sich dabei für jeden Geschmack etwas. Ich entscheide mich für die Maultaschen mit Tomatensoße. Wie erwartet waren sie etwas besser als “ganz genießbar” und für etwa 2,70? erschwinglich.
12.15 Uhr: Wie fast jeden Tag haben sich wieder die meisten Physiker in einem festen Bereich der Mensa versammelt. So muss man nie alleine essen, sondern hat immer ein paar ähnlich Gesinnte, mit denen man sich dann über Gott und die Welt unterhalten kann. An diesem Tag habe ich Pech. Mehrere Physiker regen sich auf, dass Mediziner so geschmacklos waren und sich hinter ihnen laut über Autopsie unterhalten mussten, wodurch sie – und nun auch ich – das moderat gute Mensaessen geradezu herunterwürgen müssen.
12.30 Uhr: Gesättigt und froh über den Themawechsel zu “dieses Wetter sollte man nutzen um kommendes Wochenende mindestens ein mal grillen zu gehen!”, sitze ich entspannt noch ein wenig herum bevor die Pflicht wieder ruft und ich in den Studentischen Arbeitsraum schlendere.
12.40 Uhr: Dieses Tetris auf den öffentlichen PCs im Studentischen Arbeitsraum genießt meine kurze Fingerfertigkeit. Währenddessen philosophiere ich über Taktiken im Tetris mit Physikern, die dieses wohl faszinierend anzuschauende Spiel mit verfolgen.
12.55 Uhr: Nachdem der Zufallsgenerator zu schlecht und die Spielgeschwindigkeit zu hoch wurde, setze ich mich an einen Fensterplatz und versuche das neue Thermodynamikblatt mit Hilfe des Skripts zur Vorlesung und ein paar Quellen im Internet zu lösen. Überall um mich herum sitzen dabei Physiker, mit denen ich befreundet bin oder mich mindestens relativ gut verstehe. Sollte einmal eine Frage auftauchen deren Lösung ich nicht finde kann ich mir so sicher sein bei ihnen eine Antwort zu bekommen.
17.00 Uhr: Erstaunt merke ich, wie viel Zeit schon vergangen ist. Da meine Zuckerspeicher aufgebraucht sind, mache ich hier eine Pause und kaufe an einem Essensautomat für weniger als einen Euro einen Schokomuffin. Als ich wieder an meinen Arbeitsplatz zurückkehre, ist glücklicherweise eine knuddel freudige Physikerfreundin vorbei gekommen, die meine latent vorhandene Nackenverspannungen durch eine göttliche Massage löst.
17.15 Uhr: Alles was ich mir heute erarbeitet habe wiederhole ich noch einmal kurz, damit es auch sitzt.
18.00 Uhr: Der Studentische Arbeitsraum lichtet sich. Angesteckt von der Ruhe verlasse ich meinen Arbeitsplatz und chille mich mit ein paar Freunden auf das Sofa.
18.30 Uhr: Langsam wird es Zeit für ein richtiges Abendessen. Ich begebe mich zum Auto und düse heimwärts.
19.00 Uhr: Daheim angekommen esse ich zu Abend und spiele ausgiebig mein Instrument.
20.00 Uhr: Ich setze mich an mein Laptop und tippe zur Übung und Wiederholung das Matheskript ab.
20.30 Uhr: Ein Physikerfreund fragt, ob ich Lust hab am Abend noch etwas zu machen. Ich antworte daraufhin, dass ich das Matheskript noch schnell fertig abtippe und anschließend gern etwas machen würde. Da keine Klausuren anstehen und Überstunden deswegen unnötig erscheinen, ist das auch locker drin.
21.32 Uhr: Ich bin erstaunt, dass meine Freunde heute lediglich 2min zu spät erscheinen. Nachdem wir plaudernd in die Bar gegangen sind, spielen wir exzessiv Tischkicker.
23.00 Uhr: Armschmerzen und zu neige gehendes Kleingeld zwingen uns dazu für diesen Abend erst einmal genug zu haben. Nach kurzer Verabschiedung entscheiden wir uns dazu noch für EIN EINZIGES Spielchen an einem komischen Puck-auf-Luftkissen Gerät (Air-Fußball?) 50 Cent zu opfern. Nachdem wir alle möglichen Kombinationen durchgespielt haben, verabschieden wir uns.
24.00 Uhr: Nachdem der Wecker auf 7.15 Uhr gestellt ist schlafe ich glücklich ein.